AfD schürt Hass – zur Belohnung gibt´s Millionen Kreuzchen

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Die Alternative für Deutschland (AfD), die sich auf dem Nährboden der Euro-Rettungspolitik gegründet hat, und mittlerweile zur Anti-Islam Partei mutiert ist, kann sich über mangelnden Zuspruch durch die WählerInnen nicht beklagen – obwohl sie sich ansonsten ja gerne beklagt, besonders über Phänomene, die von der Norm einer Gesellschaft der 60er Jahre abweichen.  

Die menschenverachtenden und auch mausgerutschten Aussagen der AfD-PolitikerInnen lassen sich, ohne besonders lange zu überlegen, als eindeutig rechtspopulistisch kategorisieren. Hinzu kommen Themen aus dem aktuellen  Leitantrag zum Grundsatzprogramm der Partei, die keinen Zweifel daran lassen, wie nationalistisch und rückwärtsdenkend sie sind. Ein paar Forderungen sind: Deutsche Leitkultur statt Multikulti, die deutsche Sprache als Zentrum unserer Identität, der Islam gehört nicht zu Deutschland, Moscheen verbieten, Vollverschleierung verbieten, Gender-Forschung abschaffen, Leistungsbereitschaft und Disziplin stärken, Geschlechterquoten abschaffen und verehelichte Vater-Mutter-Kind-Norm-Familien stärken.

Viel Zirkeltraining, wenig Spaß

Wer das liest, dem wird sofort schlecht, möchte man meinen. Das klingt nämlich alles nach reichlich Verboten, merkwürdiger Menschenfeindlichkeit, viel Zirkeltraining und sehr wenig Spaß. Aber das Gegenteil ist der Fall: mit jeder rassistischen, nationalistischen, verbotserklärenden und homophoben Äußerung erhält die AfD noch weitere Anhänger.

Laut der aktuellen Sonntagsfrage zur politischen Stimmung im Land von infratest dimap liegt die AfD bundesweit momentan bei 15 Prozent. Man lese sich obige Programmforderungen durch und lasse diesen Umfragewert einfach auf sich wirken. Das passt einfach nicht zusammen in einer modernen und aufgeschlossenen Gesellschaft. Unter den Teppich kehren lassen sich diese Zahlen allerdings nicht, es bleibt zu vermuten, dass sie sogar noch weiter steigen werden. Aber was bedeuten 15 Prozent? Bei ungefähr 64 Millionen Wahlberechtigten in Deutschland würden 15 Prozent bedeuten, dass gut 9 Millionen BürgerInnen AfD wählen würden. Geht man von einer Wahlbeteiligung von 73 Prozent (Bundestagswahl 2013) aus, dann wären es gut 7 Millionen AfD WählerInnen unter uns.

Es geht also nicht mehr um ein paar Hundert versprengte AfD-Partei-Nationalisten, die es zu beschimpfen gilt. Das Desaster ist weitaus größer. Ich glaube nicht daran, dass die Partei einen rechten Mob in bald zweistelliger Millionenhöhe in Deutschland aufgeweckt hat. Das spielt aber auf dem Wahlzettel keine Rolle, da ist es relativ egal, ob das Kreuz bei der AfD ein gedankliches Hakenkreuz ist oder nicht. Wenn die Partei in dieser prognostizierten Stärke gewählt wird, dann wird sie dies für sich zu nutzen wissen.

Warum sind die WählerInnen mit der aktuellen Politik und gesellschaftlichen Lage so unzufrieden?

In dieser Frage liegt die Wahrheit irgendwo begraben. Allerdings sehe ich bis jetzt niemanden, der gewillt ist einen Spaten in die Hand zu nehmen, um nach ihr zu graben. Lieber versucht man mit reichlich Beschimpfungen die Frage zu vernichten – das wird aber nicht gelingen.

Der Soziologe Zygmunt Bauman beispielsweise beschäftigt sich seit vielen Jahrzehnten mit den Ursachen von gesellschaftlichen Veränderungen.

Er setzt mit seiner Theorie der „Flüchtigen Moderne“ bei der Auflösung der festen Ordnung an. Dies führt zu Deregulierung, geringerer Sicherheit und Ängsten, aber auf der anderen Seite scheinbar auch zu mehr Freiheit und Individualität in einer kontingenten Welt der grenzenlosen Möglichkeiten, in der sich für das Individuum der soziale Bezugsrahmen immer mehr auflöst. Der Staat liefert den Einzelnen dem freien Markt aus, das staatliche Sicherheitssystem wird abgebaut und Flexibilität gefordert.

Freiheit ist also nicht mehr nur der große Spaß alles zu dürfen, sondern die große Angst alles zu verlieren.

Auswüchse, die jetzt gerade geschehen, hat er schon seit vielen Jahren beschrieben. Stand das Konzept einer „offenen Gesellschaft“ ursprünglich für die Selbstbestimmung einer freien Gesellschaft, so suggeriert es heute eher die Vorstellung einer schutzlosen Bevölkerung, die Mächten gegenübersteht, die sie weder kontrollieren noch verstehen kann, beschreibt Bauman schon in seinem Werk „Flüchtige Zeiten. Leben in der Ungewissheit“ von 2008.

Es wird nicht funktionieren, auf die AfD einzudreschen, um zu verhindern, dass sie gewählt wird. Die Politik muss endlich den Spaten in die Hand nehmen und anfangen zu graben, auch wenn sie sich dabei Schwielen holt. Viele Menschen in dieser Gesellschaft haben Sorgen um ihre Zukunft, egal wie gut situiert sie heute auch sein mögen. Denn mit einem Erfolg von heute kann man sich vielleicht schon Morgen nichts mehr kaufen. Und ein „ups, die Riester Rente ist doch doof“ lässt die Hoffnung auf ein gutes Leben und den Glauben in die Politik mit globalen Herausforderungen umzugehen, nicht gerade wachsen.

 

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